Der große Refraktor Refraktor unserer Sternwarte ist ein Fraunhofer-Achromat von TS mit einer Öffnung von 152mm bei einer Brennweite von f=1200mm. Dieser TS-Refraktor ist eine selektierte Optik, die durch Optimierungsmaßnahmen am Objektiv (Reduzierung des Luftspalts von 200µm auf 50µm) im Korrekturzustand drastisch verbessert werden konnte. Somit ergibt sich über die gesamte Fläche ein Strehl-Wert von 90%. Die Interferogramme vor und nach der Optimierung zeigt der nebenstehende Link. Durch den Einsatz eines Aries Chromacorr kann der Farbfehler bei Planetenbeobachtung auf ein kaum mehr wahrnehmbares Maß reduziert werden, was der Erkennbarkeit von feinen Farbnuancen sehr zu gute kommt. Durch ein umfangreiches Innenblendensystem ist der Kontrast bei deep-sky-Beobachtung wahrlich hervorragend. Durch Einsatz eines hochreflektiven 2"-Zenithspiegels von William Optics (99% Reflektivität) erreicht die deep-sky-Performance im direkten Vergleich die selbe Leistung wie ein achtzölliger Newton mit ebenfalls 1200mm Brennweite.
Das Innenblendensystem des 152/1200er FH-Refraktors
Das 152mm/1200mm-Objektiv nach der Optimierung
Der Chromakorrektor Chromacorr II bildet auch im Feld
gut korrigiert ab und wird per 2"-Gewinde vor den Zenith-
spiegel eingeschraubt, wodurch der korrekte Abstand
zum Fokus gewährleistet wird.
Öffnung:
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152mm (6")
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Brennweite:
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1200mm
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vis. Grenzgröße:
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12,68mag
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Auflösungsvermögen:
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0,75"
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Tubusdurchmesser:
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160mm
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Taukappendurchm.:
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210mm
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Tubuslänge:
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1270mm
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Sucher:
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8x50
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Montierung:
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EQ-6
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Stativ:
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Buchenholz mit Doppelklemmung
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Stativtragkraft:
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>80kg
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Erste Eindrücke
Der erste Eindruck des Refraktors beim Händler war davon geprägt, wie imposant so ein 6" f/8-Tubus doch ist. Der Tubusdurchmesser ist für einen Sechszollrefraktor mit 160mm durchaus stattlich bemessen, der Taukappendurchmesser liegt bei 210mm. Die Tubuslänge von der Taukappe bis zum Ende des Okularauszuges beträgt 1270mm. Die mechanische Verarbeitung des Gerätes ist wirklich in Ordnung, gemessen am Preis eigentlich überragend. Das Objektiv liegt in einer justierbaren und sehr massiven Metallfassung, der Okularauszug verfügt über einen sehr praktischen Haltegriff zum Schwenken des Tubus auf der Montierung. Für visuelle Beobachtung bis in den Vergrößerungsbereich von 250x ist der Okularauszug präzise genug. Da ich jedoch viel mit Webcam photographiere, habe ich das System auf einen Baader Crayfordauszug hochgerüstet, weil mit dem Teil exakter fokussiert werden kann. Im Gegensatz zur Kamera mit fester Bildebene kann das Auge durch Eigenakkomodation einen minimalen Defokus leicht korrigieren. Auf einer EQ-6 mit einem stabilen Holzstativ ist der Refraktor groszügig montiert, auch bei einem Stoß gegen den Tubus bleibt ein eingestelltes Objet im Bildfeld, Vibrationen beim Scharfstellen sind kein Thema. Im Übrigen trug eine H-EQ5, die ich alternativ zum test hatte, auf diesem Stativ den Tubus fast genau so stabil, ich habe mich aber wegen der Photographie letztlich doch für die EQ-6 entschieden, der Preisunterschied war nicht so groß, und einen späteren Upgrade von H-EQ5 auf EQ-6 müßte man durch verlustbehafteten Verkauf der dann gebrauchten H-EQ5 doppelt bezahlen.
Die Optik in der Praxis
Im realen Einsatz macht dieser Sechszöller richtig Freude! Er hat zwar "lediglich" 152mm Öffnung, die haben es aber in sich. Bei einem direkten Vergleich mit einem 8" f/6 GSO Dobson meines Arbeitskollegen hatte der Refraktor bei deep sky stets die Nase vorne. Erstaunlicherweise zeigte der Refraktor auch offene und Kugelsternhaufen prickeliger und mindestens genau so gut aufgelöst wie im 8"-Dob, wobei dies auch die Meinung meines Arbeitskollegen Andreas wiedergibt! Bei Gasnebeln wie M42 war zwar das Bild im Dob marginal heller, der Refraktor modulierte aber die Nebelstrukturen viel plastischer raus, so, als würde man bei einem digitalisierten Foto den Kontrast etwas hochdrehen. Das gleiche gilt für Galaxien - M52 bei mir imGarten bei 6m0 im Zenith ist mit diesem Refraktor wie auf einem Foto. O-Ton meiner Frau und von Andreas. Das gute an dem Vergleichstet war, daß man wegen der selben Brennweite der Probanden mit den selben Okularen bei selber Vergrößerung vergleichen konnte. Am Mond zeigt der Refraktor ein fast schon unnatürlich scharfes Bild, da kommt der Achtzollnewton noch nicht ran - hier ist wohl noch Veloursfolie im Tubus nötig. Am Planeten gewinnt der Achtzollnewton schon alleine wegen des nicht vorhandenen Farbfehlers, der bei einer 6" f/8-Linse schon deutlcih sichtbar ist. Die Details wirken zwar im Newton "weicher", nicht so scharf wie im Refraktor, sind aber trotzdem angenehmer zu beobachten, weil einfach keine Details durch Farbunschärfe verschmieren. Mit dem Chromacorr erreicht der Refraktor aber das Ergebnis des 8"-Spiegels mühelos - allerdings um ein mehrfaches des Preises. Ich will hier wirklich nicht die tausendste Spiegel kontra Linsen-Diskussion anzetteln denn jedes System hat Stärken und Schwächen. Und daß ein 6" f/8-FH Schwächen hat, ist unbestreitbar. Im Vergleich zu meinem bisherigen 130/900er Newton mit seinem sphärischen Spiegel ist aber dieser Refraktor um Größenklassen besser - bei deep sky wegen seiner fast 20% größeren Öffnung und am Planeten wegen seiner viel höheren Schärfe - trotz des Farbfehlers, wenn man ihn nur als FH ohne Chromacorr betreibt.
In praxi also ist dies ein leistungsfähiges Mittelklassefernrohr, das an deep sky die Leistung der nächstgrößeren Klasse erahnen läßt und an Mond und Planeten ein durchaus ernsthaftes Beobachten auch von Details zuläßt, die beispielsweise einem sphärischen 130mm - Spiegel nie zugänglich sein werden.
Ein großes Plus sehe ich persönlich bei intensiven Mond- und Planetentouren, aber auch bei deep sky: man kann entspannt auf einem Stuhl sitzend beobachten, was weder beim Dobson noch bei meinem äquatorial montierten großen Newton möglich ist (Einbblick von vorne seitlich). Der gebückte Einblick im Stehen ist deutlich anstrengender. Zum Genußspechteln ist dies also ein nahezu perfektes Teleskop. In meiner Ausrüstung hat es sich auf jeden Fall einen dauerhaften Stammplatz erobert.
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